Der Herbst kommt und ich schaue meine Fotos durch. Sie haben nicht den Flair von Paris und die Dynamik der Farben von New York aber sie sind authentisch, auch wenn sie aus Remscheid, Solingen und Wuppertal stammen.
Dort ist auch der Nabel der Welt. Und manchmal finden sich dabei Fotos, die nur auf eine Art wirken können.
In diesem Fall monochrom.

Warum?
Weil die Frau zentraler Bestandteil des Bildes ist und sie komplett schwarz gekleidet ist. Und alle Figuren drumherum, die über ihr zu sehen sind, sind auch schwarz. Aber nur die Frau ist echt. Und es gab diesen Moment wohl wirklich nur ein einziges Mal. Da läuft eine Frau direkt unter den Figuren vorbei, die genau so aussieht wie die Figuren.
Der entscheidende Moment war hier mehrfach. Sie mußte sich vom Hintergrund abheben, also ging es nur in dem Moment wo sie an der Säule vorbeigeht. Sie mußte so aussehen wie die Figuren und auch so gekleidet sein. Und das Ganze mußte als Komposition mehr als die Summe seiner Teile sein.
Und in Farbe wäre dies alles nichts, weder visuell noch strukturell.
Wer sich ernsthaft mit Fotografie beschäftigt und Momente in der Streetfotografie wirklich erfassen will, der muß so sehen lernen, daß er dies alles erfaßt. Es handelte sich um zehn Sekunden. Ich stand auf der anderen Seite der Einkaufstraße und sah die Figuren. Plötzlich kam die Frau von links und ich dachte mir, sie sieht aus wie eine der Figuren. Wenn sie nun noch hier entlangläuft dann… Ja und dann mußte die Kamera ganz schnell raus und ganz schnell startklar sein.
So entstand dieses Foto, das total echt und total authentisch ist.
Und das nur schwarzweiss wirkt. Monochrom hat sich als Adjektiv auch für schwarzweiss eingebürgert aber bedeutet eigentlich einfarbig. Umgangssprachlich weiß man, was damit gemeint ist.
Übrigens ist dieses Foto auch im Sinne der aktuellen Diskussion über Streetfotografie ein gutes Beispiel für gestaltetes und legales Fotografieren unter Beachtung aller Persönlichkeitsrechte. Denn hier ist eine Gesamtkomposition entstanden, die wesentlich mehr ist als nur das Fotografieren eines anonymen Gesichtes.
Zudem hat es als Thema die Anpassung, das Vermischen von Wirklichkeit mit Werbung und nicht zu vergessen die Anonymität, die eben überall ist und nicht nur in Megacities.
Den Weg zu diesem Foto habe ich der jahrelangen Auseinandersetzung mit Cartier-Bresson zu verdanken. So erhielt ich die Sicherheit, dies alles so zu sehen und auch die Entscheidung zu treffen mit diesem Blick so zu fotografieren.
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