“We are the enemies of perfection“ (wir sind die Feinde der Perfektion) lautet das Motto von Lensbaby. Die Perfektion ist dann die gelebte Kreativität und EINZIGARTIGKEIT der gemalten Fotos mit den Lichtpinseln von Lensbaby.
Und diese Philosophie mit und ohne Lensbaby bestimmt immer mehr mein fotografisches Handeln jenseits direkter dokumentarischer Aufnahmen.
Denn wir leben in einer neuen Zeit, in der wir mehr parallele Möglichkeiten als früher haben, um visuell zu gestalten, was wir sehen.
Dies gilt natürlich besonders für Objektive.
Das ist so wie Werner Lüttgens es in der colorfoto 5/6 2023 für Objektive beschrieben hat: „Unsere Objektivtests basieren stets auf Messwerten… ( Nun gibt es einen Trend, alte Rechnungen neu aufzulegen, m.m.) … Dabei geht es oft um einen speziellen Look, ein schönes Bokeh und nicht um maximale Auflösung und hohe Kontrastwerte.“
Zehn Jahre früher schrieb dies Mark Dobovoy auf Luminous Landscape (übersetzt von google):
„Es geht NICHT nur um Schärfe
Es ist keine Überraschung, dass in unserer Welt der sofortigen Befriedigung, 10-Sekunden-Soundbytes und Tweets Menschen, die nicht besonders sachkundig oder anspruchsvoll sind, Linsen mit einem einzigen Wort zu bewerten scheinen: „Schärfe“. Wenn ein Objektiv „scharf“ ist, ist das alles, was sie interessiert und sie sind glücklich, wenn nicht, halten sie es für minderwertig.
Meine Vermutung ist, dass sie wahrscheinlich nicht einmal erkennen, dass das Konzept der „Schärfe“ ziemlich kompliziert ist und viele wissenschaftliche Abhandlungen zu diesem Thema geschrieben wurden. Es ist kein Wort, das einen messbaren Parameter genau beschreibt: Niemand kann Ihnen sagen, ob „die Schärfe dieses Objektivs 17 oder 23 beträgt“. Schärfe ist ein Begriff, der sich darauf bezieht, wie das menschliche Gehirn ein Bild wahrnimmt. Populäre Zeitschriften machen die Sache noch schlimmer, indem sie ihre Leser fälschlicherweise glauben machen, dass Auflösung und Schärfe dasselbe sind…
Anspruchsvollere und sachkundigere Fotografen konzentrieren sich in der Regel auf mehrere Parameter wie Auflösung, Kontrast und Genauigkeit (die alle zur wahrgenommenen „Schärfe“ eines Bildes beitragen) sowie auf andere Parameter wie Sättigung, MTF-Kurven, Verzerrungen usw. Dies ist der richtige Weg, um die Leistungsparameter eines Objektivs zu betrachten. Während all diese messbaren Parameter eine großartige Möglichkeit sind, viel über ein Objektiv zu lernen, erzählen sie nicht die ganze Geschichte. Bokeh kann man zum Beispiel nicht messen; Sie müssen nur die unscharfen Bereiche in einem Bild mit Ihren eigenen Augen betrachten.
Für meine Zwecke als Fotograf bewerte ich Objektive gerne anhand einer Vielzahl von Parametern, die alle zum „Aussehen“ eines Bildes beitragen, das durch ein bestimmtes Objektiv aufgenommen wurde. Einige dieser Parameter sind messbar, andere nicht. Mich interessiert, wie das endgültige Bild aussieht, wie es von einem bestimmten Objektiv gerendert wird. Ich habe wenig Interesse an allzu vereinfachten Bewertungen, wie ob ein Objektiv „scharf“ ist oder nicht, und ich gebe mich nicht mit unvollständigen Bewertungen wie dem Betrachten der MTF-Kurven und sonst nichts zufrieden.
Neben Auflösung, Kontrast und Genauigkeit hat jedes Objektiv eine spezifische Art und Weise, wie es Farbe wiedergibt. Einige Linsen haben wärmere Farben, einige Linsen haben kältere Töne, einige haben genauere Farben als andere, einige liefern eine hervorragende Farbsättigung, andere nicht, einige übertreiben bestimmte Teile des Spektrums, einige liefern Wellenlängen, die weit über das sichtbare Licht hinausgehen, was den Sensor beeinträchtigen könnte , einige haben chromatische Aberration, während andere nur minimale chromatische Aberration haben, einige haben mehr Kissen- oder Tonnenverzerrung als andere, dito für sphärische Aberration und so weiter.
Unterschiedliche Objektive haben unterschiedliche Eigenschaften in Bezug auf den Lichtabfall an den Rändern, einige haben eine ziemlich gleichmäßige Auflösung über das Bild, während andere in der Mitte viel schärfer sind als an den Rändern, einige haben großartige Blenden und Blendenpositionen, die dazu neigen, schöne Glanzlichter zu erzeugen und schönes Bokeh, während andere geradezu hässlich sind und alles dazwischen, einige Objektive haben bessere Beschichtungen als andere und so weiter und so fort…“
Noch mal:“Schärfe ist ein Begriff, der sich darauf bezieht, wie das menschliche Gehirn ein Bild wahrnimmt.“
Darum geht es.
Dies möchte ich gedanklich noch etwas weitertreiben und Henri Cartier-Bresson zitieren.
Er sagte „Sharpness is a bourgeois concept“.
Wer diese Worte googelt bekommt viele Antworten und Gedanken dazu so wie hier verlinkt.
Gerade die leichte Unschärfe ermöglicht oft bessere und interessantere Blicke auf Fotos.
Denn es geht darum was wir im Kopf aus dem Gesehenen machen.
Was jemand auf einem Foto sieht entsteht aus dem, was er/sie wahrnimmt und be-deutet. Daraus ergibt sich das gesehene Bild.
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