Play Time – Wolfgang Zurborn spielt im öffentlichen Raum und öffnet ein Tor in eine neue Welt. Wie muß man das verstehen?
Play Time ist ein großes und großartiges Buch geworden und öffnet den Blick für kreatives Sehen und Gestalten.
Es geht um Sehen statt Be-deuten, er zeigt uns die Befreiung vom Konzept.
Seine Fotos sind keine Montagen am Computer sondern gesehene Bilder draussen vor der Tür.
Er selbst bezeichnet sich als Flaneur, der rausgeht an Orte ohne Bedeutung, um dort die Bilder zu finden, die er aus seinen Ausschnitten des Gesehenen durch Fotografien schafft.
Das ist die subjektive Konstruktion aus dem real Gesehenen.
Für Wolfgang Zurborn ist es nicht Aufgabe der Fotografie Themen zu bebildern sondern an den Bildern entwickeln sich die Themen.
Seine fotografische Grammatik zeichnet eine Snapshot Ästhetik aus, die einer Collage ähnelt, oft rätselhaft und eher abstrakt wirkt. Damit spielt er – Play Time.
Er sucht nicht, er sieht und findet – sehen statt be-deuten…
Es ist für ihn auch ein intuitiver körperlicher Akt der Bilderfindung, der dabei vor sich geht.
Dies alles erinnert sehr an Streetfotografie und tatsächlich ist es auch derselbe öffentliche Raum.
Aber er wählt keine sozialen Momente mit Menschen in Szene sondern konstruiert aus Objekten, die er im öffentlichen Raum sieht, durch seinen eigenen Ausschnitt eine neue fotografische Wirklichkeit.
Das ist dann das Bild, das wirkt und davon finden sich in diesem Buch sehr viele, die inspirieren.
Aber dieses Buch ist mehr als ein Bildband.
Fasziniert von Jaques Tati kommen darin Zitate von Tati vor und Gedanken über ihn, die einerseits die Fotos zusätzlich begleiten und andererseits das eigene Bewußtsein und Sehen befreien können.
„In meinem Film gibt es keine Botschaft. Aber es gibt etwas, das mir auffällt, und das ist die Gleichgültigkeit der modernen Welt.“
Dieses Zitat von Tati ist ziemlich am Ende des Buches, das übrigens keine Seitenzahlen enthält.
So ist für mich das Buch von Wolfgang Zurborn ein großartiger und gelungener Ausdruck dessen, was „befreite“ Fotografie in dieser Welt heute ausmachen kann.
Ich halte es auch für ein wichtiges Buch, weil es sich nicht so wichtig nimmt, obwohl es durch seine authentische Entstehung eine echte Dokumentation gelungener Kreativität von Geist und Fotografie durch Sehen und Gestalten geworden ist.
Es ist außergewöhnlich, weil es alles ist außer gewöhnlich.
Das Buch Play Time ist in der Edition Fotohof erschienen.
Wolfgang Zurborn
Play Time
Text: Bill Kouwenhoven, Jacques Tati
Sprache: Deutsch, Englisch
Design: Studio Lezmi
FOTOHOF edition, Bd.: 332
ISBN: 978-3-903334-32-8
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