„Ignoriert zu werden ist ein großes Privileg.“
Saul Leiter
Wir sind alle Kinder der Zeit. Als ich 2010 in Berlin Saul Leiter kennenlernte, war er schon älter aber immer noch fit. Die Seele altert nicht.
Er starb 2013 mit 90 Jahren und 2023 gab es dann ein neues großes Buch zu seinem 100. Geburtstag.
Darin lesen wir: „Sein Moment im Rampenlicht kam in vielerlei Hinsicht zu spät. Um die Zeit bitterer Armut zu überstehen, war er dazu gezwungen gewesen, einen Teil seiner kostbaren Bücher und Kunstwerke zu verkaufen und Freunde zu bitten, ihm in medizinischen Notlagen auszuhelfen. Währenddessen hatte er auch seine Partnerin der letzten 40 Jahre, Malerin und Modell Soames Bantry, verloren. Sie starb 2002. Die wachsende öffentliche Anerkennung hielt er sich mit der schützenden Maske des griesgrämigen Künstlers vom Leib – aber trotzdem waren die späten Erfolge auch eine Bestätigung. „In all meiner Zeit als ungeschickter Narr habe ich ein paar nette Fotos gemacht“, sagte er, „und ein paar hübsche Gemälde. Ich bin kein Vollversager.“
In Berlin erzählte Saul Leiter uns, daß er die Frage von Ruhm und Anerkennung nicht mehr ernst nimmt. Erst interessierte man sich kaum für ihn und plötzlich war das, was kein Interesse fand, in aller Munde.
Ich habe es damals nicht so verstanden wie heute.
Ich fühlte mich seelenverwandt und stellte fest, daß er versuchte die Realität der Welt zu akzeptieren ohne sich dabei von den Ungerechtigkeiten auffressen zu lassen.
Damals suchte ich die Anerkennung von außen als Schlüssel zum Glück. So analysierte ich die sozialen Bedingungen von Aufstieg und Erfolg.
Wer seinen eigenen Weg in diesen Feldern geht, wird fast immer totgeschwiegen. Erfolg ist in diesen Fällen eine Frage des Zufalls ansonsten geht es nie um Können sondern immer nur um Kennen.
Das hat dann auch Auswirkungen auf die Motive.
Text 1.1
Comment