„…also auch jeder künstlerischen Auffassung der Dinge ein Ausdruck mehr vom Wesen des Lebens und Daseyns, eine Antwort mehr auf die Frage: »Was ist das Leben?« – Diese Frage beantwortet jedes ächte und gelungene Kunstwerk, auf seine Weise, völlig richtig. Allein die Künste reden sämmtlich nur die naive und kindliche Sprache der Anschauung, nicht die abstrakte und ernste der Reflexion: ihre Antwort ist daher ein flüchtiges Bild; nicht eine bleibende allgemeine Erkenntniß. Also für die Anschauung beantwortet jedes Kunstwerk jene Frage, jedes Gemälde, jede Statue, jedes Gedicht, jede Scene auf der Bühne: auch die Musik beantwortet sie; und zwar tiefer als alle andern, indem sie, in einer ganz unmittelbar verständlichen Sprache, die jedoch in die der Vernunft nicht übersetzbar ist, das innerste Wesen alles Lebens und Daseyns ausspricht. Die übrigen Künste also halten sämmtlich dem Frager ein anschauliches Bild vor und sagen: »Siehe hier, das ist das Leben!“
Was danach kommt ist Philosophie: „Ihre Antwort, so richtig sie auch seyn mag, wird jedoch immer nur eine einstweilige, nicht eine gänzliche und finale Befriedigung gewähren. Denn sie geben immer nur ein Fragment, ein Beispiel statt der Regel, nicht das Ganze, als welches nur in der Allgemeinheit des Begriffes gegeben werden kann. Für diesen daher, also für die Reflexion und in abstracto, eine eben deshalb bleibende und auf immer genügende Beantwortung jener Frage zu geben, – ist die Aufgabe der Philosophie.