Mein Werkzeug ist der Blog. Der öffentliche Auftritt zwingt zur gedanklichen Gliederung und Auswahl und gibt dadurch Grenzen und Rahmen vor.
Je weniger ich gefallen will, desto freier kann ich dabei sein.
Und genau darauf kommt es mir an.
Der Blog zwingt mich zum genauen Arbeiten aber nicht zum Wettbewerb wie z.B. bei instagram. Wer heute „in“ sein will, der ist auf instagram und schreibt da auch seine Geschichten zu seinen Fotos unter den Regeln und Einschränkungen dieses privaten Konzerns. Das gilt in den sich selbst sozial wirksam sein wollenden Kreisen als wichtig und Freiheit. Es geht aber rein um Kommerz und soziale Darstellung.
In meinem Bekanntenkreis, der aus den Menschen nebenan besteht und älter ist, ist fast niemand dort. Wenn gesucht wird, dann über google.
Ich bin zwar da zur Erkundung, damit ich weiß, worüber ich schreibe, aber diese digitale Postkartenguckerei halte ich für sehr langweilig, wenn sie nicht allein dem Ziel dient, dann doch auf einen Blog zu gehen. Neue Bücher, neue Objektive, neue Infos und vieles mehr brauchen für echte Infos andere Webseiten als Instagram.
Viele schauen fast nur auf instagram, noch viel mehr schauen nie auf Instagram und suchen über google.
Nun denn.
Mister White ist die Hauptperson im Roman „Stiller“ von Max Frisch.
Frisch „erzählt gegen die Bildnisse an, die sich die Menschen .. voneinander machen, und setzt ihnen die Einsicht entgegen, dass – und jetzt sind wir wieder mitten im Thema – alles, was der Einzelne von sich noch aussagen kann, er sich aus der Requisite der Lebenswelt zusammengestohlen, abgekupfert hat…. so dass man Adorno Recht geben möchte…, dass bei vielen Menschen… es bereits eine Unverschämtheit sei, wenn sie ICH sagen.“
So schreibt es Philipp Theison auf Seite 464 in seinem Buch Plagiat. Eine unoriginelle Literaturgeschichte.
Anna Mayr ist Journalistin bei der Zeit. Sie wurde auf jetzt.de interviewt:
„Du schreibst, dass wir unsere Identität herbeikonsumieren. Arbeitslose seien von dieser Identitätsbildung ausgeschlossen. Was meinst du damit?
Jeder drückt durch das, was er kauft, aus, was er sein möchte. Wenn man aber kein Geld hat oder nur genau so viel, um das Billigste zu kaufen, wird einem die Freiheit genommen, zu bestimmen, wer man sein möchte.“
Gut erkannt!
Daher frage ich mich:
Welche Rolle spiele ich? Welche Identität will ich herbeikonsumieren?
Will ich das überhaupt oder versuche ich nicht durch die visuelle und textliche Reflexion dies durch Eigenes zu ersetzen?
Mich zu erkennen und zu akzeptieren, woher ich komme, um meinen freien Willen zu erkennen und selbst in dieser Anstrengung zu leben…
Den Blog brauche ich dafür, weil ich mit digitalen Fotos und Texten als Mittel und Methode der Reflexion arbeite.
Die Zeit des schriftlichen Tagebuchs mit Polaroidaufnahmen, die dort eingeklebt sind, ist zwar reizvoll, aber die digitale Verschmelzung ist für mich einfach besser.
Das persönliche Tagebuch dagegen bleibt für mich eine Domäne von Füller und Papier.
Und so hat jeder seins und ich meins.