Dieser Artikel erzählt über ein Experiment. Ich verkaufe bisher meine Fotos im sozialdokumentarichen Umfeld nicht, weil ich immer die nackte Wirklichkeit in freier Form dokumentiere und die ist ja oft auch häßlich aber wahr.
Nun wollte ich einmal sehen wie Fotolia = Adobe Stock mit Fotos vom Betteln und Armut umgeht. Um niemand zu diskriminieren und das Foto so symbolisch wie möglich zu gestalten, habe ich folgendes Bild herausgesucht und in Farbe hochgeladen.

Hier ist es nun monochrom zu sehen so wie ich es auch aufgenommen habe. Auffällig ist der helle Hut und die kaputte Straße führt blicktechnisch dorthin. Man sieht die weiße Plastiktüte als Unterlage und den weißen Hut als Bettelhut.
Das aufgeschnittene Pflaster trennt visuell und zieht den Blick wie ein Faden zum Hut.
Aber vor allem ging es mir bei der Bildgestaltung auch darum, Menschen am Rande der Gesellschaft in symbolischer Form zu zeigen, deshalb auch hier am Rande am Rahmen.
Und weil ich die Menschenwürde achte, habe ich dieses Foto genau so aufgenommen. Somit ist es absolut symbolisch, keiner Person zuordbar und beinhaltet dennoch die Häßlichkeit der Straße und das Betteln in Schmutz am Boden.
Und irgendwann kam der Tag als ich sehen wollte, was mit diesem Foto von einem kommerziellen Konzern gemacht wird, dem es nur ums Geldverdienen geht? Sie können es sich denken.
Dieses Foto wurde von Adobe aus ästhetischen Gründen abgelehnt, weil es keinen ästhetischen Anspruch erfüllt: „Der Grund für die Ablehnung lautet: Fehlender ästhetischer oder kommerzieller Anspruch “
Wer hätte das gedacht!
Das sollte es ja auch nie.
Es sollte genau das zeigen, was ich gesehen habe ohne zu beschönigen. Und weil es mein Foto mit meiner Sicht ist, wäre es auf einer Verkaufsplattform wohl meine Sache gewesen. Aber so frei ist die Freiheit dann doch nicht, wenn ein privates Unternehmen bestimmen will, was Freiheit und fotografische Meinungsfreiheit ist. Umgekehrt gilt dann natürlich auch, daß alle Fotos auf der Plattform einen ästhetischen Anspruch erfüllen. Den kommerziellen Anspruch erfüllen sowieso alle, weil sie ja zum Verkaufen hochgeladen wurden.
Und so konnte ich eine bemerkenswerte Erfahrung machen.
Meine Meinung ist:
Bei Fotolia bzw. Adobe darf Armut nur gezeigt werden, wenn das Foto einen ästhetischen Anspruch erfüllt. Echte Dokumentarfotografie, die zeigt wie es wirklich auf der Straße ist, wird abgelehnt.
Ich bedanke mich bei der Firma Adobe für die freimütige Zurschaustellung von Zensur und Gesinnungsüberprüfung und hoffe, die Beschreibung dieses Experimentes zeigt auch, was dort medial verkaufsfähig ist und dementsprechend genutzt wird, um eine Meinung im Kopf entstehen zu lassen. Bei Adobe will man offenkundig Armut künstlerisch und ästhetisch fein zeigen und nicht real, also hart, kalt und dreckig.
Es gibt natürlich Fotos, die anders aussehen. Beispiele finden sich u.a. hier oder hier oder hier oder noch extremer hier. Aber das sind dann keine Symbolfotos sondern konkret eingeordnete Momente aus dem echten sozialen Leben, die so auffangen wie das Licht gemalt hat – meistens.
Übrigens definiert die wikipedia Ästhetik so: „Ästhetik bedeutet wörtlich: Lehre von der Wahrnehmung bzw. vom sinnlichen Anschauen. Ästhetisch ist demnach alles, was unsere Sinne bewegt, wenn wir es betrachten: Schönes, Hässliches, Angenehmes und Unangenehmes. Eine Lehre, die sich nur mit schönen Dingen beschäftigt, heißt Kallistik. “
Danach ist die Begründung von Adobe gelinde gesagt absoluter Blödsinn.
Und genau deshalb schreibe ich den Artikel auf artlens.de, weil dieses Foto nun digitale Aktionskunst wurde, ungewollt eine Art politische Waffe im Kampf um Wahrheit, Wirklichkeit und Meinungsfreiheit in einem Privatunternehmen, das wesentliche Bereiche der Microstockfotografie bestimmt.
Es zeigt nicht nur symbolisch Armut und Ausgrenzung mitten in unserer Gesellschaft, sondern es zeigt durch seine Funktion im System von Fotolia und Adobe, was ausgegrenzt wird und kommerziell nicht gezeigt werden soll. Es wurde durch das Handeln von adobe ein symbolisches politisches Kunstwerk im wahrsten Sinne des Wortes.
So entlasse ich es und diesen Text in die Welt wie einen Luftballon – mal sehen wo es ankommt!
Text 1.1