Eine Einschätzung
Mit dem Iphone fotografieren ist anders. Das Iphone weckt den Spieltrieb im Menschen. Das wurde mit der Kamera im Iphone konsequent fortgesetzt.
Das letzte Mal habe ich systematisch und über ein halbes Jahre mit einem Sony-Ericsson Handy und einer 3,2 Megapixelkamera fotografiert.
Für mich war damit kein „echtes“ Fotografieren möglich im Sinne einer gestalteten Aufnahme mit Vordergrund und Hintergrund etc. Zudem fehlt mir der optische Sucher.
Nun also mit einem Iphone fotografieren?
Es macht Spaß – damit zu spielen. Die Foto-Apps im Iphone sind wirklich anregend und die Fotos sind natürlich auch technisch-digital gut. Aber für mich ersetzt ein Iphone keinen Fotoapparat, nur Einfachstkameras.
Das spricht nicht gegen das Iphone sondern zeigt mir nur die Möglichkeiten und Grenzen auf. Denn gute Fotos sollten auch mit den dafür am besten geeigneten Geräten gemacht werden. Und da gibt es eben Grenzen beim Iphone gegenüber professionellen Digitalkameras, die auch per Software in meinen Augen nicht ausgeglichen werden können.
Damit vom Schatten nun zum Licht!
Es ist eine neue Dimension der Fotografie, weil man in Sekundenschnelle die tollsten Effekte auf Fotos legen kann und diese auf soziale Netzwerke hochladen kann. Das ist schön. Das ist auch Fotografie. Diese Fotografie wird immer mehr Menschen reichen. Sie reicht aber nicht, wenn man andere Kriterien anlegt.
Für das selbst gestaltete Fotografieren gefällt mir das Iphone überhaupt nicht. Es ist eher Effekt-Fotografie oder Auswahl-Fotografie.
Wenn ich mit Instagram fotografiere, erhalte ich Fotos, die viel kleiner sind als die meiner damaligen 3,2 MP Kamera. Es sind Fotogrößen aus den Anfängen der Digitalfotografie mit Filtereffekten. Das ist der neue Standard in der bildsprachlichen Kommunikation. Das reicht offenbar für buchstabenlose Kommunikation.
Und man kann sogar mit Instagram-Fotos heute Fotodrucke auf Leinwand ziehen lassen. Was will man mehr?
Die Faszination des Iphone besteht in meinen Augen darin, dass es ein kompletter Computer geworden ist.
Ich denke, dass zunehmend mit dem Iphone 5 immer mehr Nutzer nur noch das Iphone auch als Computer nutzen werden, weil damit alles gemacht werden kann, was man täglich braucht.
Lediglich Spezialanwendungen wie Tabellenkalkulation, Finanzsoftware, Datenbankanwendungen und Webseitenerstellung in größerem Ausmass etc. werden auf größere Rechner angewiesen sein.
Aber wer das nicht braucht, der hat eigentlich im Iphone alles drin, weil immer mehr Softwarefirmen dafür Software erstellen.
Bücher, insbesondere Fotobücher und andere schöne gedruckte Dinge würde ich nicht auf dem Iphone lesen. Das würde für mich eine falsche und erhebliche Reduzierung der eigenen Möglichkeiten sein.
Das Iphone wird ein Allzweckwerkzeug werden, aber es ist dann eben nicht überall so gut wie Spezialwerkzeuge.
Es ist nach meiner Auffassung ein wunderbares Spielzeug für Erwachsene und Kinder, um auch echte digitale Arbeitsgänge damit fast spielerisch zu erledigen.
Vielleicht hat Apple damit sein Symbol umgesetzt: der angebissene Apfel der Erkenntnis aus der christlichen Lehre.
Ist das Iphone die Vertreibung aus dem Paradies?
Das kommt darauf an, welche Themen man diskutiert. Wenn es um Datenschutz, Überwachung, Demokratie etc. geht, wäre eine längere Debatte sicherlich sinnvoll. Doch das ist hier nicht der Ort dafür und daher kann ich die Frage hier auch nicht beantworten. Und letztlich ist es nicht das Iphone sondern es sind die Menschen, die die Technik regulieren – oder auch nicht.
Aber es ist viel Symbolik in dieser ganzen Angelegenheit. Dazu noch ein Beispiel.
Es gibt viele Kamerafirmen, die nach einer Kamera mit der Bezeichnung x 3 als nächste Bezeichnung die x 5 einführen, weil die 4 ein schlechtes Zeichen ist nach deren Auffassung.
Apple hat mit dem Iphone 4 schon viele Rekorde gebrochen. Nun kommt die Nummer 5 – was bedeutet das?
Fotografisch werden wir es sehen, symbolisch wohl auch.
Für mich ist logisch, dass die Benutzung des Iphones im Alltag auch zu Alltagsthemen auf den Fotos führt, die dann öffentlich zu sehen sind. Das wiederum ist soziologisch und fotografisch interessant.
Zumindest konnte ich durch diesen Artikel auch den Homo ludens und Johann Huizinga noch einmal zum gedanklichen Leben erwecken. Ich habe ihn als Jugendlicher in der damaligen Taschenbuchausgabe von rowohlts deutscher Enzyklopädie gelesen. Vielleicht kannte sogar jemand bei Apple sein Buch.
So sind wir wohl zivilisatorisch auf einer neuen Stufe angelangt.
Kulturell noch nicht. Der Charakter des Menschen hat sich nicht geändert, die Ausprägung der menschlichen Möglichkeiten ist immer noch so wie früher.
Wie schrieb vor kurzem Adolf Muschg? „Die Erde kann vielleicht zehn Milliarden sehende Bürger tragen und ernähren; zehn Milliarden verblendete Verbraucher nicht.“
Wir als Zeitgenossen erkennen im Iphone ein Symbol des Zeitgeistes und der Zeitgeist-Fotografie.
Was daraus wird?
Zumindest die Werbung hat den Homo ludens voll auf dem Schirm.
Dann wissen wir ja wo es eventuell langgeht…