Aus Anlaß der Photokina habe ich aufgeschrieben, was mir zum Thema Situation der Fotografie aus meiner Sicht heute einfällt:
- Mehr echte Tests in der Praxis
Wir erleben heute doch nur noch Präsentations-„Test“ bei denen ausgewählte kommerziell arbeitende Menschen vorher etwas erhalten und uns Dinge erzählen können, die wir nicht nachprüfen können. Später werden dann Exemplare an ausgewählte Personen geschickte, die ein paar Wochen damit Fotos machen. Ich würde mir Langzeittests wünschen und Praxiseinsätze, damit eine Kamera auch wirklich als top eingestuft werden kann. Wahrscheinlich kollidiert dies aber mit den Produktzyklen und ist gar nicht gewollt. Ein Beispiel für einen Langzeittest von mir mit einer selbst gekauften Kamera finden Sie hier. Genau dafür hätte ich aber gerne eine Leihkamera gehabt. - Mehr gute Blogs zum Thema Fotografieren der Wirklichkeit
Es ist langweilig, wenn man so wenig Blogs findet, die ebenso tief und umfangreich über Dokumentarfotografie berichten wie ich. Und google hilft dabei kaum. So gibt es z.B. Blogs, die kaum über Streetphotography schreiben aber einmal bei spiegel.de erwähnt wurden und danach teilweise über ein Jahr keinen Artikel online gesetzt haben. Aber die tauchen in den Suchergebnissen ganz oben auf. Umgekehrt findet man gute Berichte über Kriegsfotografinnen z.T. nur über Twitterhinweise und gar nicht über google. So ist google absolut ungeeignet für eine transparente Suche nach dem, was gestern und heute aktuell ist. - Die Entkoppelung von Kameratechnik und Fotografieren
Als ich nicht mehr genug Geld hatte, um mir jedes Jahr neue Kameras zu kaufen, merkte ich erst, wie ich dem Trugschluß erlegen war, bessere Bilder mit neueren Kameras machen zu können. Bessere Bilder – was ist das? Seit dem Siegeszug der digitalen Filter ist alles anders. Du mußt die Frage beantworten, was willst du visuell ausdrücken. - Mehr politische Fotografie
Genau hier wäre dann das Einmischen in die Gesellschaft angesagt – aber das fehlt in Deutschland fast völlig. Fotografie ist hier so was von unpolitisch, daß es zum Heulen ist. Wahrscheinlich bin ich aber nur mit den sozialen Verhältnissen nicht zufrieden, so daß man mir erklären wird, daß ich dies alles falsch wahrnehme – wahrscheinlich habe ich dann eine „Anpassungsstörung“. - Neubewertung sozialer Medien
Es gibt immer mehr Untersuchungen, die zeigen, daß die Aufmerksamkeit, die soziale Medien erzeugen sollen, viel geringer und oberflächlicher ist als das gezielte Suchen und Lesen von dem, was man dann gefunden hat. Daher sollten nicht Follower als Messlatte gelten sondern in diesen Nischen eher die Qualität eines Blogs. Soziale Medien sind eher soziale Nachrichtenportale aber keine Fachartikelbörsen. Ein guter Blog hat nicht unbedingt viele Follower. Und google hilft nur sehr bedingt gute Blogs zu finden. Es gibt also ein echtes „Finderloch“. - Mehr Begegnungen – Blogs und Communities reichen nicht
Die neue Photoszene Köln zeigt, daß digital nicht reicht. Fotografie leben setzt den persönlichen Kontakt voraus und fotografisch miteinander etwas machen. Deshalb lebt die Photoszene Köln gerade. Die ganzen Communities, in denen jeder etwas hochlädt, ermöglichen kein echtes Miteinander. Es sind mehr oder wenige tote Orte mit toten Fotos. - Endlich eine digitale Erinnerungskultur
Ältere Kameras sind heute so schnell weg, daß selbst Brillengestelle länger im Gedächtnis bleiben. Meilensteine wie die Fuji X100 sind schon fast vergessen obwohl sie die Struktur des Fotomarktes revolutionierten und auch heute noch beste digitale Bilder liefern mit einem Bedienkonzept, das Freude macht. Oder als die Casio EX-ZR 200 auf den Markt kam, da kam kurz danach die EX-ZR 300 auf den Markt und schon kurz darauf gab es die Kameras nicht mehr. Ihre Technik und ihre Möglichkeiten waren super. Umgekehrt gibt es schon ein Jahr gute Casio Kameras in Japan, die gar nicht auf dem deutschen Markt sind. Daraus resultiert eine Beliebigkeit, die sicherlich auch soziale Folgen haben wird. - Es ist gut, daß es die Photokina gibt
Die Photokina ist ein besonderes Ereignis für die weltweite Fotografie. Sie hat sich gewandelt und ist dadurch als Magnet erhalten geblieben. Sie zeigt alles das, was kommerziell in der Fotografie wichtig ist und sie zeigt auch, was vorbei ist.