Wer älter ist, erinnert sich vielleicht noch:
- Vor 30 Jahren diskutierten wir (in Remscheid) über eine Umbenennung der Hindenburgstrasse.
Heute ist dies wieder ein Thema.
- Vor ca. 25 Jahren wurde über den Sexismus der Männer gestritten. Damals hiess es, Männer seien Schweine und wollten nur das Eine.
Heute ist dies wieder ein Thema – und das bei immer weniger Geburten.
- Vor ca. 20 Jahren sollte die Bundeswehr zu einer Berufsarmee werden. Mit Rückblick auf die Weimarer Republik wurde dies abgelehnt.
Heute ist das umgesetzt worden und wird wieder ein Thema werden.
- Vor ca. 30 Jahren diskutierten wir über die Volkszählung. Damals stellte das BVerfG fest, dass eine Überwachung der Menschen zu einem die Demokratie zerstörenden Verhalten führt.
Heute diskutieren wir im Angesicht der digitalen Möglichkeiten dieses Thema wieder.
Die Themen der Menschen sind immer wieder gleich und müssen nach ca. 20 bis 25 Jahren auch neu beantwortet werden, weil das Wissen und die Erfahrung der Älteren wegstirbt und die später Geborenen vieles nicht wissen. So hat jedes Thema seine Zeit und einige Themen stehen zur Klärung an:
- Wir sind in Deutschland vom Sozialstaat her die Verlierer der Globalisierung
Welchen Sozialstaat wollen wir? - Die demokratiefeindliche Ausbeutung hat mittlerweile Priorität vor dem Erhalt einer guten sozialen Demokratie
Wer begrenzt die Gier und die Macht? - Die Zukunft ist für uns keine Chance sondern eine Bedrohung geworden
Wieso tun wir nichts dagegen? - Junge und ältere Menschen haben in Deutschland keine echte Perspektive mehr in gesicherten Verhältnissen und werden damit auch keine Stützen der Gesellschaft werden,
weder familienpolitisch noch sozial
Wieso schaffen wir durch Gesetze keine Sicherheit für die Menschen hier – wir sind das Volk! - Korruption und Vetternwirtschaft stehen nicht unter Strafe, Politiker im Bundestag unterliegen keinem Antikorruptionsgesetz
Wieso machen die Parteien im Bundestag kein Gesetz? - Grosse Beratungsgesellschaften und Lobbyisten entscheiden zunehmend über Wohl und Wehe
Wer berät muss auch verantworten … - Das Volk steht nicht mehr auf sondern schaltet nur noch um
Zu Tode amüsieren oder neue Erziehung? - Der Wegfall von zwei Systemen über Nacht, dem Sozialismus in Ostdeutschland und der sozialen Marktwirtschaft in Westdeutschland hat ein Land der Hoffnungslosen produziert und wird
in ein paar Jahren nach dem Wegfall der guten Übergangsregelungen sozialen Sprengstoff pur bieten
Wieso ist dies kein Thema? - Alles wird anonym und digital
Wieso wird bei uns Alter und Pflege privatisiert und ein Markt geschaffen statt einen sozialen Umbau für alt und jung wie in den nordischen Ländern zu vollziehen? - Der Euro ist das Symbol eines Kontinents, Proteste sind sein Brot
Wieso soll mehr Europa besser sein? Für wen? Das ist doch falsch! Das Europa der Vaterländer ist besser und war besser. In diesem Fall sind Rückschritte Fortschritte!
Welche Rolle spielt dabei die Fotografie?
Wenn sie schon vom Bewegtbild abgelöst wurde, dann könnte sie doch munter weiter spriessen. Denn die Themen sind alle wieder da und die Zeiten sind reif für Entscheidungen. Die nächsten Jahre werden schwieriger, weil nur durch Schuldenschnitte die Städte, Länder, Kommunen und Menschen wieder atmen können, hier und woanders. Das ist aber nicht schlimm, weil es genug Geld drumherum gibt und Schuldenschnitte gut sind, um dann neue Schulden zu machen. Die Geldgeber können von dem vielen vorher unverdient verdienten Geld dann wieder was verleihen. Ansonsten gibt es einen Ausverkauf des Staates und wir müssen unser Trinkwasser und unsere Autobahnen uns wegnehmen lassen, um sie dann wieder neu zu kaufen. Dann besser den anderen etwas wegnehmen – oder? (sind übrigens Forschungsergebnisse aus Geschichte und Politik, habe ich nur wiedergegeben)
Tschuldigung, hier bin ich abgerutscht vom Foto in die Politik. Deshalb schnell zurück.
Wo sind die Fotos und wo werden sie veröffentlicht?
Gibt es die schon, kenne ich die noch nicht? Oder ist das heute gar kein Thema mehr für die Fotografie?
Es wäre Zeit, diese Debatte zu führen, wenn es noch einen Kreis gibt, den diese Fragen interessieren.
Da aber alles wiederkommt – wenn auch in neuen Schläuchen – wird es diese Debatte sicherlich geben.
Heute schon oder erst wenn der Leidensdruck stärker geworden ist?
Aber das ist nur ein Teil in diesem Artikel. Wenn wir Begriffe hören wie sozial, Sozialstaat, soziale Netzwerke, soziales Engagement etc. dann ist es in der Regel so, dass das Wort sozial überall irgendwie unreflektiert inhaltlich gleichgesetzt wird.
Sozial hat etwas mit gemeinsam statt einsam zu tun. Sozial bedeutet, dass man Dinge zusammen tut, sich zusammen mit anderen Menschen mit etwas beschäftigt und auch Regeln und Verhaltensweisen dafür aufstellt.
Daraus entwickelten sich viele Vorstellungen wie die Achtung der Anderen, Menschenwürde, Menschenrechte, Freiheit des Denkens, Demokratie, Sozialstaat und vieles mehr. Dies entwickelte sich oft durch das Erleben des Gegenteils wie die Unterdrückung anderer Menschen wegen ihres Geschlechtes, ihres Glaubens, ihrer Gene, ihrer Sprache etc.
Soziologen beschäftigen sich mit der Frage des Sozialen, weil die Gesellschaft eine soziale Veranstaltung ist. Und sie messen gerne, denn was man messen kann, kann man auch bewerten.
Und dabei sind sie auf einen interessanten Zusammenhang gestossen. Den könnte man auf die Formel bringen SOZIAL = ASOZIAL.
Wie meine ich das?
Wenn man messen will, wie sozial die Menschen sind, dann fragt man nach der Mitgliedschaft (gering) und Aktivität (stark) in Vereinen, Verbänden, Gruppen und Organisationen. Wenn man also tatsächlich für und in der Gesellschaft mitmacht, dann ist man sozial und das kann man quantitativ messen.
Und dann gibt es noch den Begriff der sozialen Netzwerke bzw. social media. Das ist etwas völlig anderes. Das sind rein egozentrierte Aktivitäten, die in der Regel nichts mit sozialer Aktivität zu tun haben. Sie sind das Gegenteil von sozial, sie sind asozial, d.h. egoistisch, selbstdarstellerisch und persönlichkeitszentriert. Wissenschaftlich kann man das differenzierter ausdrücken. Das ist hier nicht notwendig für den Zusammenhang. Wer will kann sich dies ergooglen.
Da die meisten Menschen ein grosses Ego haben und gerne “Ich” sagen, ist der Markt dafür fast unbegrenzt. Aber man muss aufpassen, dass man nicht sozial und social miteinander verwechselt.
Soziale Netzwerkaktivitäten und soziales Engagement sind zwei verschiedene Dinge. Wenn man dann aus sozialen Netzwerkaktivitäten soziales Engagement macht, dann ist die Folge, dass asozial = sozial ist. Das wäre dann der Wolf im Schafspelz.
Ich habe den Eindruck, dass dies im Moment geschieht. Jeder sagt, er ist bei … und macht dort mit. Gerade das hat nichts mit einer sozialen Einstellung zu tun. Es ist der “Jahrmarkt der Eitelkeiten”, der bei sozialen Netzwerken zu sehen ist.
So kann es passieren, dass asoziale Haltungen als sozial verstanden werden.
Und deshalb kann soziale Fotografie auch asozial sein…
Und wenn man dann konkret wird, dann sieht es so aus. Wenn ich in einem Seniorenheim fotografiere und dies dann als Fotoausstellung publiziere, dann ist der Grad zwischen sozial und asozial sehr schmal. Besser wäre es, wenn ich dort ehrenamtlich arbeite und dabei fotografisch etwas entsteht. Das ist dann auch Fotografie, die was zu sagen hat. Und das wäre dann sozial im besten Sinne.
Noch besser wäre es, wenn ich eine Fotoserie über „Seniorenheime“ in Deutschland mache im Vergleich mit dem Seniorenleben in Dänemark, weil es da so gut wie keine Seniorenheime gibt. Dann könnte ich auch zeigen, warum andere Länder Perspektiven für die Menschen haben.
Es gibt also viele gute Möglichkeiten für die neue soziale Fotografie. Ob diese Möglichkeiten genutzt werden?