Als 2005 erstmals das Buch „Photography“ von John Ingledew erschien, da wußte noch niemand, daß es 2010 als „Fotografieren heute“ in deutscher Sprache erscheinen würde. Das Buch ist ein wunderbarer Einstieg in die Welt der Fotografie als sie noch voller Entdeckerdrang war und man glaubte, daß die digitale Welt unendliche Möglichkeiten bietet.
Ingledew zeigt in dem Buch die gesamte Bandbreite der „Faszination Fotografie“ auf. Und er schreibt auch über Dokumentarfotografie.
Wir lesen:
„Fotojournalismus bedeutet die Verbindung von Fotografie und Journalismus… Ein Fotograf wohnt einem Ereignis bei und berichtet darüber in Form von Fotos. Die Verwendung des Begriffs Dokumentarfotografie deutet darauf hin, dass ein Ereignis für die Nachwelt festgehalten wird. Das ist ein Unterschied zum Fotojournalismus. Fotoreportagen, die von den Bildredaktionen… in Auftrag gegeben werden, wenden sich an ein zeitgenössisches Publikum. Die Pressefotografie ist eine weitere Form des Fotojournalismus, deren Ergebnisse zur Veröffentlichung in tagesaktuellen Printmedien gedacht sind.“
Es gab vor zehn Jahren also noch Pressefotografen, Fotojournalisten und Dokumentarfotografen.
Und heute?
Der Pressefotograf ist Teil des schreibenden Kollegen geworden in Form einer Digitalkamera und nur noch sehr selten eine angestellte Person. Die Ereignisfotos werden entweder vorher in sozialen Medien veröffentlicht von denen, die dabei waren oder bei Einzelereignissen selbst aufgenommen. Es gibt noch ein paar Fotografen, die täglich von Ereignis zu Ereignis fahren. Die sind meistens bei der Lokalpresse tätig.
Der Fotojournalist, der mit Fotos erzählt, ist quasi ausgestorben, wenn er davon leben will und das auch noch kontinuierlich.
Und der Dokumentarfotograf?
Eine gute Frage habe ich mir da gestellt.
Ich kann sie kaum beantworten.
Ich kenne nur Dokumentarfotografen, die davon nicht leben.
Der Werbefotograf, der Porträtfotograf, der Architektur- und Baustellenfotograf – das sind die Arbeitsfelder, die Geld einbringen.
Heute sind wir bei Multimedia und Storytelling. Es bedeutet jeder soll alles machen.
Bei der Masse der medialen Inhalte ist Qualität eine Frage der Definition geworden, deren Kriterien nicht visueller Natur sondern finanzieller Natur sind.
Dieser Artikel ist nur eine Reflexion auf das, was sich in zehn Jahren verändert hat.
Es ist der Blick zurück, der den Horizont und den Blick für das Heute erweitert.
So lohnt sich der Blick zurück, weil er den Horizont nach vorn erweitert.
Und die Dokumentarfotografie?
Die muß sich die Frage stellen, wie sie archivieren kann und wie sie dann überall sichtbar wird, wenn man nach ihr sucht.