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18/07/201819/07/2018

Meine Flucht vor den Fotoapparaten und der Zeitwert der Fotografie

Irgendwie wird mir das zu viel. Fast jeder trägt mittlerweile mindestens eine Kamera bei sich, fast überall sind Kameras zu sehen und als technische Innovationen werden ununterbrochen neue Digitalkameras vorgestellt.

Die Übereinstimmung vom Zeitwert einer Kamera mit dem Gebrauchswert einer Kamera ist fast völlig weg. Ich kann eine Digitalkamera heute zehn Jahre gebrauchen aber neue Digitalkameras gibt es alle paar Monate. Und Kameras in Smartphones gibt es irgendwie jeden Monat neu. Der Zeitwert wird fast täglich durch neue Produkte überholt obwohl der Gebrauchswert bei einigen Produkten noch nach vielen Jahren hoch ist.

Meine Nikon D90 ist immer noch eine ausgesprochen gute Digitalkamera aber sie ist medial und sozial schon auf dem Friedhof. Daneben liegen viele andere alte Bekannte und auf dem anderen Friedhof für Smartphones sind reihenweise alte Freunde nach einem kurzen Leben beerdigt. Besonders geschmerzt hat mich der Verlust des Nokia Lumia 640, das nur gestorben ist, weil Microsoft das Betriebssystem einfach eingestellt hat.

Meine Lumix G2 läuft noch wie am ersten Tag und macht gute Fotos, meine Lumix G5 fotografiert lautlos, gut und ist griffig, alles danach ist vielleicht noch besser aber erhöht nicht meine fotografische Ausbeute.

Und so ist es auch bei Smartphones. Ich habe jetzt wieder in einer Kirche bei einer Feier mit einem Iphone 6s „mal eben“ Fotos gemacht, die selbst für schlechtes Licht gut sind. Sicherlich hätte man mit einer Sony A7s und einem entsprechenden Objektiv es noch etwas besser machen können, aber nicht so spontan und schnell und aus der Hosentasche und schon gar nicht so digital eingebettet – von den Kosten ganz zu schweigen.

Und hier kommt dann noch der Funktionswert hinzu. Wenn ich meine Fuji X100 mit der neuen Fuji X100F vergleiche, dann ist letztere der ersten Fuji technisch überlegen. Aber die erste X100 reicht mir schon.

Die Lust auf Neues kommt natürlich immer wieder aber sie ist eher Lust und Laune statt erforderlich. Hinzu kommt, daß eine immer bessere Abbildungsleistung sinnlos ist, wenn es darum geht Sinnloses abzubilden.

Und so befinde ich mich gerade in einem Zustand, der mir Neuheiten als lästig erscheinen läßt und ich neue Gelegenheiten suche, um das Vorhandene in meine Lebenszeit zu integrieren.

Natürlich gibt es krönende Entwicklungen der Kameratechnik.

  • Ich bin sehr froh, daß es die Ricoh GR II gibt, weil die kleineren Sensoren in den Digitalkameras davor nicht so gut genutzt werden konnten bei schnellen Verschlusszeiten und schlechtem Licht. Sie ist ein gutes und fertiges Produkt, das mir liegt.
  • Ich bin auch sehr froh, daß es eine Sony RX100 gibt, weil ich so eine kleine Kamera für langsameres Fotografieren immer mitnehmen kann. Alle Versionen danach sind dicker, größer, teurer und schwerer geworden und nicht besser für meine Zwecke. Aber weil sie immer noch neu zu haben ist, ist diese Kamera auch ein positives Beispiel für die Parallelität von Zeitwert und Neuwert. Sony hat danach mittlerweile schon fünf neue Kameras nur in dieser Reihe rausgebracht und dennoch ist die erste für mich immer noch ausreichend, weil keine danach so viel Neues zu bieten hat und schon gar nicht so klein und griffig ist. Da siegt der Gebrauchswert über den Neuwert.
  • Und um eine eher neue Kamera als gute Weiterentwicklung zu nennen: Ich bin sehr zufrieden mit der Lumix FZ82, weil ich von 20 bis 1200 mm eine Digitalkamera nutzen kann, die griffig ist, einen gut nutzbaren Sucher hat und überall schnell einsatzbereit ist. Sie ist gut für einen ganzen Tag voller guter Fotos und ideal, wenn diese Fotos eher online genutzt werden sollen und es auf leichtes und schnelles Handling ankommt.

Das waren nur drei Beispiele für meine Gebrauchsweisen.

Aber ich will jetzt nicht noch mehr neue Kameratechnik, sondern mehr Gelegenheiten für meine Gebrauchsweisen des Fotografierens.

Für mich bekommt dabei das Wort Zeitwert eine neue Bedeutung. Es ist nicht mehr nur die Nutzung der Zeit einer Kamera sondern der Wert der Zeit für mich und den messe ich am Gebrauchswert und den Gelegenheiten.

So komme ich vom Überdruß zu einem neuen Genuss!

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„Für mich bekommt das Wort Zeitwert eine neue Bedeutung. Es ist nicht mehr die Nutzung der Zeit einer Kamera sondern der Wert der Zeit für mich.“

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“ Jeder kann knipsen. Auch ein Automat. Aber nicht jeder kann beobachten. Photographieren ist nur insofern Kunst, als sich seiner die Kunst des Beobachtens bedient. Beobachten ist ein elementar dichterischer Vorgang. Auch die Wirklichkeit muss geformt werden, will man sie zum Sprechen bringen.“

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„Die Mutter der nützlichen Künste ist die Noth; die der schönen der Ueberfluß. Zum Vater haben jene den Verstand, diese das Genie, welches selbst eine Art Ueberfluß ist, nämlich der der Erkenntnißkraft über das zum Dienste des Willens erforderliche Maaß.“

Arthur Schopenhauer

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