Je mehr Cloud und Co. desto weniger Gedächtnis. Nun ist im Zeitalter der digitalen Demenz ein Projekt „gestartet“ worden, das sicherlich auch ein Stück Erinnerungskultur sein soll, die Deutsche Fotothek.
In einem Artikel auf welt.de wird der Gesamtzusammenhang aufgezeigt, der sich meines Erachtens relativiert, wenn man sich näher in die Webseite der deutschen Fotothek einarbeitet.
Darüber hinaus zeigt sich das Problem der permanenten Präsenz. Was nicht sichtbar ist, ist nicht mehr „da“. So werden nun in der Deutschen Fotothek frei zugänglich Fotos ins Netz gesetzt. Das hat den Vorteil, dass man sehr viel Fotografien sehen und studieren kann. Fototechnik, Bildaufbau und Bildgestaltung und einiges mehr. Aber ist das bei den vielen neuen Fotos heute überhaupt noch nötig? Und wenn für welche Zwecke?
Man wird nun bald sicherlich auch feststellen, dass manches, was damals „gut“ und/oder „verkaufsfähig“ war, heute wohl kein Geld und keinen Ruhm mehr bringen würde.
Und jetzt konkurrieren diese Fotos online mit den Milliarden an Fotografien, die einen Klick weiter zu finden sind. Da die Welt flach ist und im Internet zunächst einmal alles gleich, ist so die bisherige Unterscheidungskraft, die Fotos durch exklusive Veröffentlichung und Leitmedienstatus teilweise hatten, einfach weg.
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Wenn ich den Artikel in der Welt richtig verstanden habe, dann soll es so eine Art Academie Francaise für die Fotografie werden. Und das im Zeitalter der absoluten Wertfreiheit und bei einem Beruf, den jeder ausüben kann!
Hoffentlich gibt das keine Cliquenwirtschaft! Denn in die neue Deutsche Fotothek kommt noch lange nicht jeder rein. Ein Gremium entscheidet (s.u.), wenn ich das richtig verstanden habe.
Es gibt natürlich noch mehr Fragen zu klären. So ist z.B. die Geschichte der „großen“ Fotografen eine Geschichte der Männer. Erst in den letzten Jahren wird auch herausgearbeitet, dass Frauen ebenso gut und scharfsichtig fotografiert haben. Aber deren Bestände sind oft nicht so bearbeitet oder gelobt worden.
So muss man aufpassen, ob die Deutsche Fotothek wirklich ihrem Namen gerecht wird oder eher als Marketinginstrument zur Verbesserung von Fotografien und Fotografen in Vergangenheit und Gegenwart dient.
Denn wer soll darüber entscheiden. Die DGPH? Hilfe!
Da es eine Zusammenarbeit mit der SLUB gibt, die Staatsbibliothek des Freistaates Sachsen und zugleich die Universitätsbibliothek der Technischen Universität Dresden, sind hier wahrscheinlich Steuergelder im Spiel.
Interessanterweise habe ich auf der Startseite schon eine Gebührenordnung gefunden, die sowohl Gebühren für die SLUB enthält und zusätzlich noch die Nutzungsgebühren: „Nutzungsentgelte: Die Verwendung von Bildmaterial der Deutschen Fotothek ist zustimmungs- und kostenpflichtig. Von der Gebührenpflicht ausgenommen sind die von der Deutschen Fotothek für Wikimedia Commons in eingeschränkter Qualität zur Verfügung gestellten Digitalisate. Diese unterliegen den Bestimmungen des Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 Germany Lizenzmodells.
Ebenfalls gebührenfrei ist die Verwendung einzelner Bilder in wissenschaftlichen Publikationen mit einer Auflage unter 1.000 Exemplaren. Bilddokumente aus den Beständen der Deutschen Fotothek sind bei jeder Veröffentlichung mit folgendem Bildnachweis zu versehen: SLUB/Deutsche Fotothek, Name des Fotografen
Nach Nutzung des Bildmaterials ist der Deutschen Fotothek unaufgefordert ein Beleg zu senden. Kunden haften für die Verwendung des Bildmaterials entsprechend der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Bitte beachten Sie, dass ggf. auch Rechte Dritter einzuholen sind. Für die Wahrung dieser Rechte (z.B. Urheberrecht an reproduzierten Kunstwerken, Persönlichkeitsrechte, Eigentumsrechte von Sammlungen, Rechte nach dem Markengesetz) ist der Kunde verantwortlich.“ Nach diesen Sätzem gibt es ausführliche Preislisten pro Bild, Ort, Art und Umfang.
Das liest sich für mich so, als ob man in viele und teure Fettnäpfchen treten kann. Ich hoffe nur, dass hier auf Kosten der Steuerzahler nicht Vorleistungen erfolgt sind, die dann zu privaten Gewinnen führen.
Nun denn, als Ansprechpartner für Fotografen sind Sebastian Lux der Stiftung Gundlach, Margot Klingsporn der Fotogagentur Focus und Dr. Jens Bove, Leiter der Fotothek genannt. Falls der Link nicht mehr funktioniert, dann finden Sie diese Angaben (Zugriff am 9.9.2012, 14.12) hier: Startseite/Über uns/Über das Archiv der Fotografen in der Deutschen Fotothek
In diesem Zusammenhang noch ein Zitat von der Webseite: „Begleitet wird dieser Weg von einem Kuratorium, das Ausrichtung, Qualitätssicherung und Transparenz gewährleistet:
Jens Bove,
F.C. Gundlach,
Margot Klingsporn,
N.N. und
N.N.“
Wenn es sich um die deutsche (Betonung auf deutsche) Fotothek handelt, dann gehören da neben Magazin- und Zeitungsfotografen gerade die nicht erfolgreichen Dokumentarfotografen rein. Denn deren Aufgabe ist sozial von grosser Bedeutung gewesen. Daher hätte ich eher Spezialisten für Dokumentarfotografie und undankbare Themen erwartet, die die Kompetenz und das Wissen um diese Themen haben und auch regional und/oder thematisch gute fotografische Arbeit geleistet haben.
Die hier aufgeführten Personen sind in meinen Augen doch eher Magazin- und Modeprofis und drei von fünf sind gesetzt(?). Aber vielleicht zeigt dies schon die Richtung oder ich denke einfach in die falsche Richtung.
Na dann gute Arbeit!